Feb 2012
28

Bielefeld. Im Regionalexpress in Richtung Braunschweig.

Ich musste mal wieder RE fahren und bin Zeuge eines wunderbaren Gesprächs geworden. Ich habe das meiste auf meinem Handy mittippen können:

In Bielefeld steigt mit mir zusammen ein älterer Herr in die Bahn. Etwa 65. Vollbepackt. Ich will ihm helfen – darf immerhin die Bierflasche tragen. Bei allem anderen: “…nur nicht von jemanden abhängig machen!” Ok. Wie er meint. Ich setze mich – aus Angst ein Gespräch führen zu müssen – weit genug weg, aber immer noch nah genug um mit zu bekommen, worüber er mit dem jungen Mann (etwa 25), der eine Station später zusteigt, spricht:

Junge: “Darf ich mich setzen? Ich leiste Ihnen gerne Gesellschaft.”
Opa: “Ja.”
Junge: “Ich muss in Minden aussteigen.”
Opa: “Ich auch.”
Junge (lacht): “Dann sind wir ja sozusagen, also sozusagen, die gleiche Kragenweite.”
Opa (sehr ernst): “Nein.”
Junge: “Also nur sozusagen.”
Opa: “Nein.”

Junge: “Ich bin behindert.”
Opa: “Das macht doch nichts. Das ist heutzutage doch fast jeder. Man kann behindert sein und Bundeskanzlerin werden.”
Junge: “Jaaa, die ist gut, die Angelika Merkels.”

Junge: “Ich bin im Brutkasten aufgewachsen.”
Opa: “So ein dicker Kerl aus dem Brutkasten?”
Junge: “Sie wollen sagen, dass ich mich gut entwickelt habe?”

Junge: “Ich bin aber geistig auf der Höhe.”
Opa: “Das ist doch alles relativ. Wenn ich die Frau Merkel fragen würde, würde sie Gleiches von sich behaupten.”
Junge: “Wie finden Sie denn den Beck?”
Opa: “Sie haben doch keine Ahnung.”

Der Schaffner kommt

Junge: “Der Herr Mehdorn ist ein guter Mann. Bestellen Sie ihm das, bitte.”
Schaffner: “Ich kenne den Mann nicht.”
Opa zu dem Jungen: “Sie haben keine Ahnung und reden so daher.”
Junge: “Kann sein.”
Opa: “Ist so.”

….

Junge (zückt ein Bild – Schaffner ist auch noch anwesend)

….

Junge zu Opa: “Ich habe ein Foto für Sie!” (Ich kann leider nicht kennen was es ist, vermute aber mal ein Bild von ihm.)
Opa: “Wofür?”
Junge: “Als Andenken.”
Opa: “Ich muss an so vieles denken, da brauche ich kein Andenken.”

(Zeitgleich läuft ein Gespräch mit dem Schaffner über Tickets u.ä., der Schaffner bekommt auch ein Foto geschenkt. Bedankt sich artig und geht. Schnell.)

Junge: “Auf die Bahn ist Verlass.”
Opa: “Das sehe ich genau andersherum.”
Junge: “Hm. Na ja.”
Mann: “Wenn Sie die Bahn gut finden, finden Sie auch Angela Merkel gut. Mit Ihnen hat das keinen Sinn. Sie sind wirklich ein bisschen behindert. Aber das ist in Ordnung. Da müssen Sie eben mit leben.”

Minden ist nah, der Junge steht auf.

Junge: “Gute Fahrt.”
Opa: “Ihnen auch. Und halten Sie den Rücken steif.”
Junge: “Nein. Den halte ich grade.”

 

belauscht von Jessica